Handball ist eine Sportart mit komplexen Anforderungen – entsprechend vielfältig ist die Aufgabe, den Jugendlichen die erforderlichen Voraussetzungen zu vermitteln. Dabei ist stets nach der Leitlinie vorzugehen, dass mannschaftlicher Erfolg (wie ihn die Jugendlichen – natürlich! – anstreben) individueller Qualität bedarf. Diese zu entwickeln hat oberste Priorität!
Übrigens: Den Einzelnen besser zu machen, ihm seine persönlichen Perspektiven aufzuzeigen, ist (auch) ein Beitrag zur dauerhaften Motivation für die Sportart!
Im Rahmen der Basisschulung ist bereits ein erstes Technikrepertoire vermittelt worden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der Technikschulung im Grundlagentraining weniger Bedeutung beigemessen wird. Im Gegenteil: In dieser Ausbildungsstufe sollen die bereits erworbenen handballspezifischen Grundtechniken gefestigt und optimiert sowie weitere eingeführt werden.
Im Grundlagentraining liegt das Hauptaugenmerk der individuellen Ausbildung auf der Aktionsvariabilität. Die Spieler sollen ihr Handlungsrepertoire erweitern und die individuellen technisch-taktischen Fähigkeiten verbessern. Basis dafür ist der spielunabhängige Einsatz auf allen Abwehrpositionen (keine Positionsspezialisierung!).
Während dieser Ausbildungsstufe sollen die Teams mit einer offensiven Abwehrspielweise verteidigen und z. B. eine 1:5-, 3:3- oder 3:2:1-Formation praktizieren. In diesen Abwehrsystemen steht die Grundsituation 1 gegen 1 offensiv im Vordergrund. Die Spieler müssen lernen, diese in großen Breiten- und Tiefenräumen zu bewältigen.
Im Positionsangriff gegen eine 1:5- bzw. 3:3-Deckung (mit weiterhin mannorientierter Ausrichtung) sollen die Angreifer – über ausschließlich individuell durchgeführte Abschlüsse hinaus – mit gezielten Kooperationen Torchancen kreieren. Solche Kooperationsformen finden in Breite und Tiefe zwischen zwei benachbarten Positionen statt:
In dieser Entwicklungsstufe verteidigen die Mannschaften gemäß Wettspielstruktur in einer 1:5- bzw. 3:3-Abwehrformation (fortgeschrittene Teams ggf. im 3:2:1). Ungeachtet der nach wie vor klaren Zuordnung zu einem direkten Gegenspieler ist jeder Abwehrspieler für einen bestimmten Raum zuständig.
In dieser ersten Raumdeckung haben Abwehrkooperationen einen größeren Stellenwert als in der Manndeckung: Während sich die Kooperationsleistungen in der Basisschulung auf das situative Helfen beschränken, sollen die Spieler in dieser Entwicklungsstufe darauf aufbauend lernen, in wiederkehrenden Situationen systematisch, effektiv und zielgerichtet miteinander zu kooperieren.
Abwehr schult Angriff: Die in dieser Ausbildungsstufe etablierte 1:5- (bzw. 3:3-)Abwehr bringt neue Anforderungen an das Angriffsspiel mit sich. Es gilt, mit dem Positionsangriff eine strukturierte Spielweise zu entwickeln, die der Herausforderung des zunehmend begrenzt verfügbaren Spielraums mit einer gezielten Raumaufteilung begegnet. Die Angreifer müssen zudem lernen, nicht nur den Spielstreifen für die eigene Position (bzw. den eigenen Verteidiger), sondern positionenübergreifend das gesamte Spielgeschehen im Blick zu haben.
Mit der 1:5-Abwehr wird im Grundlagentraining die erste Raumdeckung eingeführt (in geübten Mannschaften ist dieser Schritt möglicherweise bereits zum Ende der Basisschulung erfolgt). Dabei sollen die Spieler lernen, dass sie (anders als in der Manndeckung) nicht einem festen Gegenspieler, sondern einem bestimmtem Abwehrraum (und dem jeweils in diesem Raum agierenden Angreifer) zugeordnet sind. Dieses Prinzip gilt gleichermaßen in der 3:3-Abwehr, die alternativ gespielt werden kann (bzw. muss, wenn die Außenangreifer als Eckenaußen positioniert sind).
Mannschaftstaktische Anforderungen stehen in dieser Entwicklungsstufe nicht im Fokus. Die Abwehrsysteme (1:5 und 3:3) bilden vielmehr einen geeigneten Rahmen für die individuelle Spielerausbildung („Lern-Abwehr“) und sind aus diesem Grund in den „Durchführungsbestimmungen für eine einheitliche Wettkampfstruktur im Kinderhandball“ als Wettkampfvorgabe festgeschrieben.
Wichtiges Ziel im Grundlagentraining ist es, allen Spielern im Sinne einer positionsvariablen Ausbildung Kenntnisse auf sämtlichen Spielpositionen zu vermitteln. Auch wenn sich möglicherweise recht früh Präferenzen abzeichnen – so werden Linkshänder bereits ab der C-Jugend in der Regel vornehmlich auf den Positionen Rückraum-Rechts bzw. Rechtsaußen eingesetzt (weil Linkshändigkeit für diese Positionen einen Vorteil bedeutet und Linkshänder nun mal seltener sind) –, darf dies vor allem im Training nicht zu einer strikten Reduzierung auf eine einzige Position führen. Vielmehr gilt es, in dieser Entwicklungsstufe Voraussetzungen zu schaffen, Qualitäten zu entwickeln, aber auch die Begeisterung zu wecken, dass die Spieler die Aufgaben der unterschiedlichen Positionen bewältigen können (und wollen). Dazu müssen die positionenübergreifenden Inhalte (der Basisschulung) um positionsspezifische ergänzt werden – für alle Spieler und ohne einzelne Spieler (endgültig) auf eine Position festzulegen.
Im Grundlagentraining sollte die Torwartfindung (Wer möchte ins Tor? Wer eignet sich als Torwart?) abgeschlossen werden. Es gilt, den Torwarten die spezifischen Grundtechniken zu vermitteln. Kleiner gewachsene Torwarte müssen ihr Längen-(Reichweiten-)Defizit durch gute Beweglichkeit und Athletik (Sprungkraft) wettmachen.
Vor allem die Persönlichkeit des Torwarts ist zu entwickeln: Für diese Position sind starke Persönlichkeiten mit Willenskraft, Konzentrationsfähigkeit, psychischer Stabilität, Ausstrahlung und einer guten Kommunikationsfähigkeit gefragt.
Im Grundlagentraining nimmt die Häufigkeit von 1.-Welle-Situationen deutlich ab. Dafür ist unter anderem die Wettkampfvorgabe verantwortlich: Das Spiel findet im Mittelfeld (Manndeckung) gegen eine 1:5- oder 3:2:1-Abwehr eher in Tornähe statt. Bei Ballgewinn müssen die Gegenstoßspieler einen wesentlich längeren Weg zum gegnerischen Tor zurücklegen. Die Gegenstoßverteidiger schaffen dies – ohne Ball! – schneller, sodass die gegenstoßlaufenden Angreifer den Ball wesentlich häufiger in Kleingruppen und mit Kurzpässen über das Spielfeld transportieren, um sich eine Torgelegenheit aus dem Tempospiel zu erarbeiten.
Bei erhöhtem Umfang und zunehmender Intensität sollte die Verbesserung der athletischen und motorischen Fähigkeiten auch in dieser Ausbildungsstufe weiterhin spielerisch erfolgen. Das Training wird jedoch zunehmend spezifischer und es erfolgt belastungsgesteuert. Die Auswahl der Inhalte ist vor allem in Bezug auf die Belastungsgestaltung jeweils dem Alter der Athleten anzupassen; dabei ist zu beachten, dass kalendarisches und biologisches Alter stark voneinander abweichen können.
In dieser Entwicklungsstufe wollen die Spieler sich (und ihre Leistungen) zunehmend miteinander vergleichen. Neben dem Wettspiel – auch im Rahmen des Trainings – sind Leistungsüberprüfungen ein Weg, dieses Interesse aufzugreifen. Sie liefern dem Trainer obendrein wichtige Erkenntnisse, inwieweit die individuellen Entwicklungsziele erreicht sind.
Neben allgemeinen Sporttests sollten dabei vermehrt handballspezifische Testverfahren zum Einsatz kommen.
Das Grundlagentraining kann generell als der Einstieg in ein leistungssportliches Leben bezeichnet werden. Dabei steht aufbauend auf den Inhalten der Basisschulung die Individualisierung der Trainingsinhalte zur Steigerung der Aktionsvariabilität der Spieler im Vordergrund. Erlernte Grundbewegungen und -techniken werden unter Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit verfeinert und erweitert. Zudem sollen sie in zunehmend komplexer werdenden Spielsituationen mit höherem Tempo unter Gegnereinfluss angewendet werden können.
Diese Altersstufe ist durch bedeutsame physische und psychische Veränderungen gekennzeichnet: Die Spieler entwickeln sich vom Kind zum Jugendlichen – ein Prozess, der zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnt und sehr individuell verläuft. Die Mannschaften sind deshalb durch eine große Heterogenität geprägt, was bei der Förderung und Ausbildung der Persönlichkeit(en) und der psychischen Fähigkeiten berücksichtigt werden muss.